Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Arztpraxen
Die Dynamik der Reform
Die am 22. November 2024 verabschiedete Krankenhausreform markiert einen Wendepunkt im deutschen Gesundheitswesen. Ziel ist eine effizientere Verteilung der Gesundheitsversorgung, begleitet von strukturellen Umwälzungen, die sowohl Kliniken als auch niedergelassene Arztpraxen tiefgreifend betreffen werden. Neben Chancen birgt die Reform auch Herausforderungen – insbesondere für die betriebswirtschaftliche Stabilität im ambulanten Bereich.
Fünf Thesen
1. Ertragssteigerung für Arztpraxen
Mit der Schließung und Umstrukturierung von Krankenhäusern werden vermehrt stationäre Behandlungen in den ambulanten Bereich verlagert. Dies bedeutet für Hausarztpraxen, insbesondere in ländlichen Regionen, eine potenziell höhere Patientenzahl. Die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen verstärkt diesen Effekt, indem sie die bisherige Begrenzung der Abrechnungsfähigkeit aufhebt.
Positive Perspektive:
- Mehr abrechenbare Leistungen und größere Flexibilität.
- Steigerung des Praxisumsatzes durch erhöhte Kapazitätsauslastung.
Herausforderung:
Unklar ist, wie viele der Patienten, die bisher budgetbedingt nicht abgerechnet werden konnten, tatsächlich zusätzlich behandelt werden können.
2. Notwendige Investitionen in Infrastruktur und Technik
Die wachsenden Anforderungen an Praxen machen Investitionen in Praxisräume, Medizintechnik und digitale Infrastruktur unerlässlich. Neben den unmittelbaren Kosten für diese Modernisierungen birgt dies auch finanzielle Risiken – insbesondere für wirtschaftlich schwächer aufgestellte Praxen.
Empfohlene Maßnahmen:
- Erweiterung der Praxisräume für mehr Behandlungsräume.
- Integration moderner Technologien, um Effizienz und Qualität zu steigern.
Die wirtschaftliche Stabilität von Praxen hängt dabei entscheidend von ihrer Fähigkeit ab, die nötigen Investitionen zu finanzieren.
3. Steigende Anforderungen an Personal und Weiterbildung
Die steigende Patientenzahl und der Fokus auf spezialisierte Leistungen erfordern den Ausbau des Praxispersonals. Gleichzeitig müssen bestehende Teams fortgebildet werden, um neue Technologien und Prozesse effizient nutzen zu können.
Ansätze:
- Fachliche Qualifizierung des Teams in spezialisierten Behandlungsfeldern.
- Schulungen zu digitalisierten Abrechnungssystemen.
- Prüfung alternativer Rechtsformen wie Partnergesellschaften oder Genossenschaften, um wirtschaftliche und organisatorische Belastungen zu teilen.
4. Wirtschaftliche Risiken für Kliniken und Zulieferer
Die Reform wird zur Schließung von rund 200 Krankenhäusern führen, was nicht nur die betroffenen Träger gefährdet, sondern auch Unternehmen aus Zulieferbranchen wie Medizintechnik, Pharmazie und Logistik. Besonders in strukturschwachen Regionen könnte dies zu einem Dominoeffekt führen, der auch andere Branchen belastet.
Langfristige Auswirkungen:
- Regionalwirtschaftliche Einbrüche durch den Wegfall von Arbeitsplätzen und Wertschöpfungsketten.
- Mögliche Insolvenzrisiken für Unternehmen mit starker Abhängigkeit von Kliniken.
5. Die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens
Die Reform erhöht den wirtschaftlichen Druck auf alle Akteure im Gesundheitssystem. Transparenzportale wie der Bundes-Klinik-Atlas fördern Marktmechanismen, wodurch der Wettbewerb zwischen Krankenhäusern und Praxen intensiver wird.
Ökonomische Perspektive:
- Der Fokus auf Effizienzsteigerung kann Fehlanreize setzen.
- Mögliche Überlastung oder Qualitätsverluste bei gleichzeitiger Kostensenkung.
Dieses Spannungsfeld verlangt eine präzise Überwachung der Reformeffekte, um unerwünschte Nebeneffekte zu minimieren.
Chancen und Herausforderungen im Wandel
Die Krankenhausreform bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich, die die betriebswirtschaftliche Dynamik im Gesundheitswesen nachhaltig prägen werden. Nicht nur für Hausarztpraxen eröffnen sich deutliche Chancen zur Steigerung ihres Unternehmenswertes – sofern sie die finanziellen und organisatorischen Herausforderungen bewältigen können.
Hinweis:
Diese Analyse ist rein ökonomisch, genauer betriebswirtschaftlich. Ob die Reform tatsächlich zu einer besseren Patientenversorgung und Arbeitsbedingungen in der Branche führt, bleibt abzuwarten. Verfasserseitig steht die Hoffnung im Vordergrund, dass diese Reform sich am Ende zum Wohl der Patientinnen und Patienten niederschlägt und zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Menschen in den Heil- und Pflegeberufen führt.